Sonntag, 31. Juli 2011

Denksport für Hardcore-Gamer: Portal 2

Puzzle-Shooter! Was für eine Genre-Beschreibung! Man bekommt eine Waffe, aber keine, die kleine Löcher mit Blei schießt, sondern eine die richtig große Löcher in weiße Wände schießt. Macht man das zweimal, dann kann man durch das eine Loch treten und aus dem anderen wieder hinaus kommen. Auf diese Weise wird es möglich, ganz einfach Hindernisse zu umgehen, auf eine höhere Ebene zu gelangen, etc. 

Klingt simpel? Ist es aber bestimmt nicht, denn sonst würde das Puzzle nicht der Genrebezeichnung vorweggehen. Meist kann man eben nicht so einfach von A nach B, muss stattdessen Würfel auf Schalter manövrieren, orangene oder blaue Paste im Raum verteilen oder geschickt Lichtbrücken durch die geschossenen Portale leiten, um irgendwann beim Ziel anzukommen. Denn Portale lassen sich nur auf weiße Portal-Flächen schießen, die natürlich netterweise eher rar gesät sind. Nicht, dass der Spieler noch ob des vielen Weiß in Melancholie verfällt! Das ganze geschieht dann natürlich in der bewährten Egoperspektive, bei der ihr eure Füße selbstredend nicht seht, wenn ihr nach unten schaut und bei der auch die üblichen Nebenwirkungen auftreten können, wie Schwindel und leichte Orientierungslosigkeit. 

Nein, die Autorin ist keine geübte Ego-Perspektiv-Spielerin. Dennoch gewöhnte sie sich schnell an diese, für sie ungewöhnliche Perspektive und arbeitete eifrig daran, sich mehr räumliches Denkvermögen anzueignen, als es ihr irgendein Mathelehrer mit Hilfe von Vektoren jemals hätte beibringen können. 

Während das Gameplay als solches also sehr leicht von der Hand geht, wird das Spiel nicht müde, euch immer wieder neue Methoden zu präsentieren, um Portale geschickt so zu verteilen, dass man letztlich am Zielpunkt ankommt, sei es nun der freie Fall, der als Katapult genutzt werden muss oder besagte merkwürdige Pasten, die euren Charakter höher springen oder sogar beschleunigen lassen. Durch die geschickte Kombination von Portalen und Hilfsmitteln kann man eventuell  zum Zielpunkt gelangen. 

Eingebettet wird das Spiel in eine liebevolle und schreiend komische Rahmenhandlung, die mit vielen Überraschungen und viel Altbekanntem (Kartoffeln!) auf euch wartet. Der Humor von Portal dürfte inzwischen schon fast ein ganz eigenes Genre sein.

Zwar ist die Einzelspieler-Handlung nicht allzu umfangreich geraten, doch wird das Spiel noch um einen Koop-Modus erweitert, welcher sowohl über Splitscreen offline spielbar ist als auch online, unter anderem über Steam. Dieser erzählt eine eigene, kleine Geschichte mit ebenfalls sehr vielen bösen Sprüchen. Darüber hinaus gilt es, hier jeweils vier Portale richtig im Raum zu positionieren, wobei man sich zwangsläufig mit seinem Mitspieler absprechen muss. Es handelt sich also um einen echten „kooperativen“ Modus, bei dem auch wildes Gestikulieren und Rumschreien nichts hilft, sollte euer Spielpartner das System in dem Raum noch nicht durschaut haben. Immerhin kann man ihm offline noch den Controller aus der Hand reißen und es selber machen. Für Online-Spieler empfiehlt sich beim Verzehr gleichzeitig ein Magenbitter und/oder Nerventee.

Alles in allem steht Portal 2 für sehr gute, kurzweilige und vor allem witzige Unterhaltung, oft mit zusätzlichem Gehirnkrampf als Bonus. Leider bietet das Spiel nach dem Durchspielen erst einmal keine Motivation, es noch einmal anzugehen, denn wer die Lösung der Rätsel kennt, kann ohne weiteres in  einem Bruchteil der eigentlichen Spielzeit durch die Testräume rauschen. Aber dies ist nun einmal der generelle Nachteil des Puzzle-Genres, wobei das Spiel trotzdem Spannung pur bedeutet, bis die letzten Credits gelaufen sind. Ob es einem das Geld für dieses Genre jedoch wert ist, muss letztlich jeder selber entscheiden. Nachdem das Spiel aber eine zeitlang im Regal gereift ist, dürfte man sicherlich auch ein zweites Mal Geschmack daran finden. 

Geschmacksrichtung: Vollkornbrot mit reichlich Ballaststoffen


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