Sonntag, 5. Juni 2011

Und was haben wir nun davon?

In den letzten Wochen war es das alles beherrschende Thema in der Gamerwelt: der Hack und Ausfall des Playstation Networks. Für viele Playstation-Nutzer, die bislang immer glücklich mit ihrer Konsole waren, brach nach und nach der Himmel über der heilen Zockerwelt ein. 

Jeder, der in den letzten sechs Wochen nicht in einer Höhle gelebt hat, dürfte inzwischen ausreichend über die Vorkommnisse unterrichtet sein, denn das Thema durchbrach den Kreis der Game-News und wurde von RTL, Pro7 und Co. aufgegriffen. Vor allem deswegen, weil Millionen Kundendaten geklaut worden sind. Vor allem deswegen, weil Sony mal wieder die Vogel-Strauß-Taktik fuhr: erst mal gar nicht äußern, dann nur das Notwendigste erzählen und sich bloß nicht beim Lügen erwischen lassen. So sieht es auch heute noch aus und ob beispielsweise wirklich Kreditkartendaten entwendet wurden, weiß außer Sony und der Hackergruppe niemand. 

Aber man gelobte, von nun an alles besser zu machen! Das Playstation Network sollte komplett überarbeitet werden und, um die Meute danach wieder in den Griff zu bekommen, gelobte man ein Entschädigungsprogramm und ein Versicherungsprogramm für Nutzer. Diese Versprechungen sind inzwischen auch mehrere Wochen alt. Der einst so stolz verkündete Zeitplan wurde wieder und wieder verschoben und selbst eingefleischte Sony-Fankinder wurden langsam wütend. Nicht, weil sie ihre Daten in den Händen von Kriminellen sahen, sondern weil sie nicht mehr online ihre Spielchen treiben konnten. 

Aber seit dieser Woche laufen laut Sony alle wichtigen Dienste wieder, soll heißen: auch der Playstation-Store wurde wieder hochgefahren, das versprochene Entschädigungs-, Entschuldigung: Welcome-Back-Programm (eine erstklassig gewählte Terminologie, womit das Unternehmen Sony immer noch jegliche Verantwortung für alles um den PSN Ausfall abzulehnen scheint) wurde ein paar Tage später geschaltet. 

Und jetzt?

Jetzt ist doch alles wieder in Ordnung, oder? Immerhin hat sich Sony erstmals so richtig ins Zeug gelegt! Vier Spiele: einmal für die PS3 und einmal für die PSP, von diesen darf sich jeder Nutzer jeweils zwei aussuchen. Und nicht zu vergessen: wirklich jeder Nutzer darf für einen Monat Elite-Gamer spielen und, ohne Geld zu bezahlen, ein geschätztes Mitglied des Playstation-Plus-Clubs werden. Vorausgesetzt er schafft es, in der nächsten Zeit auf den Store zuzugreifen und die Inhalte runtergeladen zu bekommen, bevor 2012 dann die Welt untergeht. 

Und dann?


Dann lehnen wir uns alle glücklich zurück, gennießen die Clubvorteile völlig umsonst, spielen eine Runde Hustle Kings, welches es ja statt des viel zu fiesen Action-Kloppers inFamous bei uns in Deutschland gab und genießen wieder unser Zockerleben. Wenn ich mir ansehe, wie viele Leute auf meiner virtuellen PSN-Freundesliste bereits dem Club beigetreten sind und völlig sorglos Dead Nation spielen, was sie dann wohl auf eher zwielichtigem Wege erworben haben, weil auch dieses Spiel zu hart für Deutschland ist, dann entsteht wirklich der Eindruck, dass alles gut ist. Vergeben und vergessen! Kann ja jedem Unternehmen mal passieren! Und immerhin hat man uns Gamer mit offenen Armen und ordentlicher Umsonst-Kost empfangen. Wir wurden dankenswerter Weise von Sony wieder mit einem „Willkommen Zurück“ begrüßt.

Und nun?  


Die Frage, die mir als staunende Beobachterin geblieben ist, ob so etwas wirklich so einfach vergeben und vergessen ist. Schaue ich mir meine PSN-Liste an, dann bin ich mir sicher, dass dies bei 80% meiner Leute (das ist hier keinesfalls repräsentativ) der Fall zu sein scheint. Es wird ohne Hemmungen wieder online gespielt, das PSN weiterhin kräftig mit Daten gefüttert und viele geben so lange nicht auf, bis sie sich endlich Add-On-XY im immer noch stark hinkenden Store kaufen konnten. 

Aber mir vermag diese zuckersüße Welcome-Back-Glasur nicht so recht schmecken. Sicher, wie soll man den Diebstahl der personenbezogenen Daten wieder gut machen? Das ist eine schwierige Frage, aber vielleicht würde es helfen, wenn man zu der Glasur noch ein paar Brotkrümmel an wahren Informationen mehr ausgeteilt hätte? So bleibt über allem ein fader Geschmack hängen, der aber wegen seiner recht leichten Note von einigen vielleicht gar nicht wahrgenommen wird, weil sie es nicht  wahrnehmen wollen oder weil es ihnen egal ist. 

Zu hoffen bleibt, dass den heimischen Gemüsebauern in den nächsten Wochen ebenfalls so schnell vergeben und vergessen wird wie dem japanischen Großkonzern, denn sonst haben diese bald ein noch viel größeres Problem. Aber ein Eingriff in die eigene Gesundheit ist eben weitaus unmittelbarer, als der eventuelle Diebstahl der eigenen Kontoinformationen. Etwas geändert hat sich für uns, die wir Games konsumieren, jedenfalls scheinbar wirklich nicht und wenn alles so bleibt, dann beißen demnächst 99% der Gamer wieder genüsslich in angebotene Game-Salate. Das restliche 1% wird jedoch wohl auch in einem Jahr noch wunderlich daneben stehen und versuchen, alles abzukochen, denn eine Versicherung kann ebensowenig vor EHEC-Erregern schützen, wie vor einem erneuten Hackerangriff.

Geschmack: bittersüß

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